Der Weg der Inanna 
Im mehr als 5000 Jahre alten Mythos von Inanna wird auf großartige Weise der
Weg zur Heilung, Integration und zum Wachstum der weiblichen Seele und des Weiblichen im
Manne erzählt.
Der erste Teil der Überlieferung beschreibt die Entwicklung der jungen, unreifen Inanna
zur Königin der Natur und der Stadt - sie vertreibt ihre ungezügelten archaischen
Impulse, nimmt ihren Körper und ihre Sexualität an und erringt zusätzlich die
Fähigkeiten der Zivilisation.
Dennoch ist sie unvollständig - Ereshkigal, ihre dunkle Schwester, ist in die Unterwelt
verbannt. Der Abstieg zu ihr wird für Inanna zu einer Erfahrung von Tod und Wiedergeburt.
Ereshkigal wird gehört und getröstet und Inanna kehrt mit dem Bewußtsein der
Notwendigkeit zurück, die dunkle Seite zu würdigen - auch ihr Mann Dumutzi muß
schließlich zeitweise in die Unterwelt, auch wenn oder gerade weil er vor ihr flieht.
"Der Mythos ist ... eine Beschreibung, wie psychische Gesundheit des Weiblichen in
Frauen und Männern aussehen kann. Er stellt ein Modell für den Kreislauf von Inkarnation
und Auferstehung der gesunden Seele dar und damit einen Prozeß, der die Heilung fördern
kann ... Dieser Abstieg hat aber auch zum Ziel, lange verdrängte Werte wiederzugewinnen,
um Oben und Unten zu einem neuen Muster zu vereinen." (Pereira S. 17)
In unserem Workshop folgen wir dem Weg der Inanna auf kreative Weise.
Methoden der Körperarbeit, der Gestalttherapie, Inszenierungen und Rollenspiel,
Imagination und kreative Techniken ermöglichen ein tiefes und dennoch auch lustvolles und
nährendes Erleben.
Der Weg, Inanna im eigenen Erleben zu folgen, ermöglicht etwas tieferes und dauerhafteres
als bloße Erkenntnis: die Erfahrung auf allen Ebenen.
Die Geschichte der Inanna ist eine der ersten überlieferten Heldenreisen der
Menschheitsgeschichte. Wie alle Heldenreisen handelt sie von wesentlichen Schritten des
seelischen Wachstums- und Reifungsprozesses. Sie beschreibt den Aufbruch, die
Auseinandersetzung mit der sexuellen und sozialen Identität, die Konfrontation mit der
dunklen Seite, Tod und Auferstehung.
Dem Inanna-Mythos in Form eines Gestalt-Rituales zu folgen, eröffnet die Möglichkeit,
uralte und dennoch unverändert aktuelle Weisheit für wichtige und machtvolle Erfahrung
zu nutzen.
Die Reise der Inanna ist eine Art "weiblicher" Heldenreise, der Weg nach unten
und innen statt nach oben und außen, gleichermaßen wichtig für Frauen wie Männer.
Ein Zitat von Silvia Brinton Perera, das erläutert, warum die Beschäftigung mit Inanna
für Männer gleichermaßen wichtig ist wie für Frauen:
" ... bis vor kurzem - und dann oft erst in der zweiten Hälfte des Lebens -
[bestand] für die meisten Männer keine Notwendigkeit ..., in verdrängte Tiefen
einzutauchen, wenn sie sich gleich anfangs von der Kindheit befreien und sich mit den
Idealen ihrer Kultur identifizieren konnten; denn sie wurden von der Außenwelt ohne
Dissonanz zu ihrem Innersten unterstützt. Da es jedoch kein kollektiv sanktioniertes
ganzheitliches Muster mehr gibt, nach dem sich die Entwicklung des männlichen Ego
vollziehen könnte, und das Ideal des Helden-Ego ebenfalls als unpassend empfunden wird,
sind die Männer zunehmend dazu gezwungen, mit ihren eigenen Tiefen auf andere Weise
umzugehen und den persönlichen Abstieg zu wagen, der es ihnen ermöglicht, ihre
verdrängten Instinktmuster wiederzufinden." (Perera, S. 157)
Wir empfehlen folgendes Buch zum Thema:
Silvia Brinton Perera: Der Weg zur Göttin der Tiefe. Ansata Verlag.
Bild von Tanja Weißbrich.